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Gorillas: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Gorillas Technologies GmbH''' wurde 2020 als [[Startup]] der [[Plattform-Ökonomie]] von [[Kağan Sümer]], Ronny Shibley und [[Jörg Kattner]] in Berlin gegründet. Das Unternehmen galt als Shooting-Star, da es innerhalb von nur einem Jahr zu einer Bewertung von über einer Milliarde gelangte, wofür die Investoren-Szene den Ehrentitel "Einhorn" (Unicorn) vergibt.
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Die '''Gorillas Technologies GmbH''' wurde 2020 als [[Startup]] der [[Plattform-Ökonomie]] von [[Kağan Sümer]], Ronny Shibley und [[Jörg Kattner]] in Berlin gegründet. Das Unternehmen galt als Shooting-Star, da es innerhalb von nur einem Jahr zu einer Bewertung von über einer Milliarde gelangte, wofür die Investoren-Szene den Ehrentitel "Einhorn" (Unicorn) vergibt. Nach internen Querelen, überraschenden Personalwechseln im Management, Betriebsratsbehinderung und einem [[wilder Streik|wilden Streik]] im Juni 2021 legte sich die anfängliche Euphorie von Geldgebern und Wirtschaftspresse.  
  
Nach internen Querelen, überraschenden Personalwechseln im Management, Betriebsratsbehinderung und einem [[wilder Streik|wilden Streik]] im Juni 2021 legte sich die anfängliche Euphorie von Geldgebern und Wirtschaftspresse.
 
 
Zum 1. Oktober 2021 gliederte das Gorillas Management das operative Geschäft in die '''Gorillas Operations Germany GmbH & Co. KG''' aus. Zum 01.10.2021 erhielten die Rider und Picker eine Mitteilung, dass ein Betriebsteilübergang stattgefunden habe und sie nun für die Gorillas Operations Germany GmbH & Co KG tätig seien. Die Gründung der Firma erfolgte am 26.08.2021.<ref>{{Cite web|title=Handelsregisterauszug von Gorillas Operations Germany GmbH & Co. KG (HRA 58953 B)|websiteTitle=www.handelsregister-online.de|url=https://www.handelsregister-online.de/handelsregisterauszug/Berlin/Charlottenburg-Berlin/Gorillas-Operations-Germany-GmbH-Co-KG|Zugriffsdatum=2021-11-13}}</ref> 
 
 
Im November 2021 wurde bekannt, dass das Gorillas Management zum 16.11.2021 in Berlin, dem Ort einer geplanten Betriebsratsgründung, auf ein '''Franchise-Modell''' setzen und die einzelnen Lager (Warehouses) als "eigenständige Unternehmenseinheiten" betreiben will.<ref>Anton Rainer, [https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/gorillas-will-in-berlin-franchise-modell-einfuehren-a-c8fde46a-0096-44b0-98ac-191ea63ebd9e Gorillas will in Berlin Franchise-Modell einführen], Spiegel, 12.11.2021, abgerufen 13.11.2021 </ref>
 
 
Gorillas baut zudem die Struktur um und wandelt sich in ein niederländisches Unternehmen. Die neue Dachgesellschaft soll ihren Sitz in Amsterdam (Stand 14.11.2021) .<ref>{{Cite web|title=Schnell-Lieferdienst: Gorillas schafft niederländische Holding|websiteTitle=https://www.lebensmittelzeitung.net|url=https://www.lebensmittelzeitung.net/handel/online-handel/schnell-lieferdienst-gorillas-schafft-niederlaendische-holding-162320|Zugriffsdatum=2021-11-14}}</ref>
 
  
 
== #Freitag13 ==
 
== #Freitag13 ==

Version vom 13. Januar 2022, 13:41 Uhr

Gorillas Technologies

Rechtsform GmbH
Gründung Mai 2020
Sitz Berlin, Deutschland
Leitung Kağan Sümer
Mitarbeiterzahl ca. 3.000
Branche Lieferdienst für Lebensmittel
Website gorillas.io

Stand: 15.6.2021
Logo der Arbeiterorganisation Gorillas Workers Collective.

→ Hauptartikel Unternehmen Gorillas

Die Gorillas Technologies GmbH wurde 2020 als Startup der Plattform-Ökonomie von Kağan Sümer, Ronny Shibley und Jörg Kattner in Berlin gegründet. Das Unternehmen galt als Shooting-Star, da es innerhalb von nur einem Jahr zu einer Bewertung von über einer Milliarde gelangte, wofür die Investoren-Szene den Ehrentitel "Einhorn" (Unicorn) vergibt. Nach internen Querelen, überraschenden Personalwechseln im Management, Betriebsratsbehinderung und einem wilden Streik im Juni 2021 legte sich die anfängliche Euphorie von Geldgebern und Wirtschaftspresse.


#Freitag13

Gorillas wurde in einer Online-Abstimmung zum Ziel des Aktionstags #Freitag13 der aktion ./. arbeitsunrecht am 13. August 2021. Die Gründe waren:

  • fehlerhafte Lohnabrechnungen- und Zahlungen,
  • Behinderung der ersten Betriebsratswahl
  • Probleme bei Lohnfortzahlung im Krankheitsfall + Urlaub,
  • gesundheitsgefährdende Lieferungen mit mehr als 30 kg Gewicht,
  • sechsmonatige Probezeiten bei Verträgen, die auf ein Jahres befristet sind,
  • willkürliche Kündigungen,
  • keine Bereitstellung von tauglichem Arbeitsmaterial (Räder, Diensthandys, Regen- und Winterkleidung).

Weil das Abstimmungsergebnis so knapp ausfiel, wurde für den Aktionstag als weiteres Ziel-Unternehmen Lieferando festgelegt.[1] Am Morgen des #Freitag13 am 13. August 2021 gab das Lieferando-Management bekannt eine der Hauptforderungen der Arbeitsrechts-Aktivisten zu erfüllen und den rund 10.000 Ridern unbefristete Verträge anzubieten. [2]

Fälle von Union Busting

  • Gorillas Berlin

→ Hauptartikel Betriebsratsgründung Gorillas Berlin 2021

Im laufe des Jahres 2021 begannen Mitarbeiter eine Betriebsratswahl zu organisieren. Die Unternehmensseite versuchte dies durch verschiedene Maßnahmen zu behindern:

Union Busting Methoden

  • Einschleusung von leitenden Angestellten
  • Versuch der Verhinderung der Betriebsratswahl durch Betriebszerschlagung
  • Umstellung auf Franchise-Modell

Betriebsratsgründung Gorillas Berlin 2021

Arbeitsbedingungen

→ Hauptartikel Arbeitsbedingungen Gorillas

Stichpunkte: fehlerhafte Lohnabrechnungen, Urlaubsanspruch verweigert, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, lange Probezeiten, Rückenprobleme, fehlende Pausen, Hygienemängel, Fahren bei Schnee, keine angemessene Winterkleidung, Leiharbeit

Gerichtsprozesse

Ungültige Befristung

Am 08.09. und 20.09.2021 begannen vor dem Arbeitsgericht Berlin die ersten Gütetermine von sechs Ridern gegen Gorillas. Sie wehrten sich mit ihrem Anwalt Martin Bechert gegen die Befristung ihrer Arbeitsvertäge.

Die meist auf ein Jahr befristeten Arbeitsverträge der Rider sind die oftmals nur mithilfe von DocuSign eSignature digital unterschrieben. Hier könnte die Befristung der Verträge bereits an der fehlenden Schriftform scheitern.

Die Anwälte von Gorillas argumentieren hingegen, dass gar kein gültiger Arbeitsvertrag vorliegen würde. Da sich Gorillas nicht mit den Ridern einvernehmlich einigen wollte werden die Fälle wohl frühestens im Februar 2022 entschieden.[3]

Bis dahin könnte Gorillas einen großen Teil der engagierten Rider durch das Auslaufenlassen der befristeten Verträge ("kalte Kündigung") los werden.

Kündigungen als Vergeltung für Streiks

Anfang Oktober 2021 kündigte das Gorillas-Management rund 300 Gorilla Ridern als Vergeltung für vorangegangene Streiks.[4] Das Gorillas Worker’s Collective, eine Gruppe von Mitarbeitenden, die sich zuletzt als Sprachrohr der Fahrradkuriere verstanden hatte, schreibt auf Twitter von drei Lagerhäusern in Kreuzberg, Mitte und Tempelhof, wo praktisch die gesamte Belegschaft gefeuert worden sei.[5] Die ersten Gütetermine zu den Kündigungsschutzverfahren finden im November 2021 am Arbeitsgericht Berlin statt. Das Mandat für die juristische Begleitung der Kündigungsversuche hat die Kanzlei Gleiss Lutz.

Eilverfahren gegen Betriebsratsgründung

Per Eilverfahren versucht das Gorillas-Management eine Betriebsratsgründung in Berlin zu verhindern. Argument: Seit dem Betriebsteilübergang zum 01.10.2021 würden die Rider und Picker für die Gorillas Operations Germany GmbH & Co. KG arbeiten und somit nicht mehr bei der Firma beschäftigt, bei der sei einen Betriebsrat hatten gründen wollen. Kammertermin am Arbeitsgericht Berlin 17.11.2021. Das Arbeitsgericht Berlin entschied gegen den Antrag des Unternehmens auf Abbruch der Wahl (Az: 3 BVGa 10332/21).[6] Bereits am 23.11.2021 fand die Verhandlung in der nächsten Instanz, am Landesarbeitsgericht Berlin Brandenburg statt.

Landesarbeitsgericht entscheidet am 23.11.2021 pro Betriebsratsgründung

Am 23.11.2021 entschied das Landesarbeitsgericht, dass die Betriebsratswahl fortgeführt wird (Az 13 TaBVGa 1534/21) .[7] [8]

Proteste

Hire & Fire

Wilder Streik: We want Santiago back!

In den Tagen nach dem 11. Juni 2021 streiken die Fahrer mehrerer Berliner Warenlager des Lieferdienstes Gorillas. Sie setzen sich für die Wiedereinstellung eines Kollegen ein, dem am Vortag kurzfristig gekündigt wurde, weil er zu spät zu seiner Schicht gekommen sei.

Im Zusammenhang mit den Streiks lohnt es sich einmal die rechtliche Situation wilder Streiks anzuschauen, die oft fälschlicherweise als illegal wahrgenommen werden.[9]

Verbandsfreier Streik Oktober 2021 in Berlin

Anfang Oktober 2021 streikten Gorillas-Rider erneut. In der Folge feuerte das Unternehmen mehrere hundert Rider. Selbst die Tagesschau fragte, ob Gorillas damit zum Präzedenzfall wird und das Gericht bei der Verhandlung der Kündigungsschutzklagen auf Europäisches Recht abstellen wird, mach dem der verbandsfreie Streik legitim ist und keine Grundlage für Kündigungen sein kann.[10]

Anwohner gegen Lautstärke

In Berlin gab es bereits im Frühjahr 2021 massive Proteste der Nachbarschaft gegen die Gorillas-Lager und damit verbundenen Lärm, Chaos und Unannehmlichkeiten inmitten von Wohnvierteln.

Markus Beckedahl berichtet: "Die Expansion geht zu Lasten der Anwohner:innen, die auf einmal neben einem Logistikzentrum aufwachen, wo gestern noch ein leeres Ladenlokal war. Ein Standort in Berlin-Friedrichshain musste bereits Mitte März geschlossen werden, weil sich viele Anwohner:innen erfolgreich beschwert hatten. Im Prenzlauer Berg gibt es vergleichbare Beschwerden über Lärmbelästigungen und Einschränkungen der Verkehrssicherheit durch Lieferverkehr in zweiter Reihe. Wer dort in den vergangene Tagen vorbei kam, konnte beobachten, wie der halbe Bürgersteig von Fahrrädern blockiert wurde, auf der anderen Hälfte standen die Gorillas-Crowdworker:innen Schlange, um ihre Auslieferung in Empfang zu nehmen. Drumherum türmten sich Paletten."[11]


Quellen / Nachweise

  1. aktion ./. arbeitsunrecht, #Freitag13 vs. Gorillas + Lieferando. Was geht ab? Worum geht’s?, 03.08.2021
  2. Jessica Reisner, #Freitag13 vs. Gorillas + Lieferando. Bunte Aktionen in 10 Städten erzielen Erfolg, 15.08.2021, Webseite aktion ./. arbeitsunrecht
  3. Christoph Kluge, Gorillas-Rider klagen gegen befristete Arbeitsverträge​, Tagesspiegel, 06.09.2021
  4. FOCUS Online: Eklat in Berlin: Nach Streiks feuert Lieferdienst Gorillas fast gesamte Belegschaft, FOCUS Online, https://www.focus.de/finanzen/news/kuendigung-fuer-fahrradkuriere-eklat-in-berlin-lieferdienst-gorillas-feuert-grossteil-der-belegschaft-nach-streiks-fristlos_id_24308032.html , abgerufen 2021-11-02.
  5. Anton Rainer Spiegel, 05.10.2021, Lieferdienst Gorillas kündigt streikenden Fahrern https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/gorillas-lieferdienst-kuendigt-streikenden-fahrern-a-d0f77266-6346-4c25-808c-6ad0b51ca488
  6. Copyright Haufe-Lexware GmbH & Co KG- all rights reserved: Bei Gorillas darf ein Betriebsrat gewählt werden, Haufe.de News und Fachwissen, https://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/betriebsratswahl-bei-gorillas_76_556080.html , abgerufen 2021-12-07.
  7. Simon Groß: Gorillas setzt in Sachen Dreistigkeit neue Maßstäbe, Süddeutsche.de, https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gorillas-betriebsrat-arbeitsgericht-berlin-1.5472240 , abgerufen 2021-12-07.
  8. Copyright Haufe-Lexware GmbH & Co KG- all rights reserved: Bei Gorillas darf ein Betriebsrat gewählt werden, Haufe.de News und Fachwissen, https://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/betriebsratswahl-bei-gorillas_76_556080.html , abgerufen 2021-12-07.
  9. Lukas Schmolzi: Falsche Glaubenssätze, junge Welt, 22.6. 2021
  10. Tagesschau Wird Gorillas-Streik zum Präzedenzfall?, 06.10.2021, abgerufen 13.11.2021
  11. Markus Beckedahl: Gorillas Start-up - Die neuen Verteilungskämpfe, Netzpolitik.org, 29.4.2021.