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Goodgame Studios: Unterschied zwischen den Versionen

Aus UnionBustingWiki
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{{Infobox Unternehmen
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Goodgame Studios ist ein Unternehmen für Spielesoftware und gehört zu den größten Arbeitgebern unter den Spiele-Entwicklern in Deutschland. Das Unternehmen wurde 2009 von den Brüdern Kai und Christian Wawrzinek gegründet. Erfolgreich wurde das Unternehmen mit dem Online-Strategiespiel "Goodgames-Empire".<ref>Gameswirtschaft: Die größten Games-Studios in Deutschland 2023 (Update), 2023-04-26, https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/groesste-games-studios-deutschland-2023-04/</ref><ref name=":1" />
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Die Entwicklung kostenloser Online-Games bereitete dem Unternehmen in der Anfangsphase ein rasantes Wachstum. Die Mitarbeiter, die diesen glänzenden Aufstieg erarbeiteten, mussten sich dagegen oft mit befristeten Verträgen, Mindestlohnniveau und lediglich vier Wochen Jahresurlaub begnügen.<ref name=":4" /> Auf Höhenflug und überambitionierte Ziele folgte jedoch auch für das Unternehmen ein beispielloser Abstieg mit massiven Stellenabbau. Dem Management war es strategisch nicht gelungen sich vom Erfolg von "Goodgames-Empire" lösen und die weiteren Spiele floppten.  Im Jahr 2017 schrieb das Unternehmen dann wieder schwarze Zahlen und wurde als sogenannter "Exit" komplett vom schwedische Games-Unternehmen Stillfront übernommen.<ref>Alexander Hüsing: Goodgame Studios-Exit: Was ihr dazu wissen solltet, 2017-12-07, https://www.deutsche-startups.de/2017/12/07/goodgame-studios-exit-ihr-dazu-wissen-solltet/ abgerufen am 29.05.2024</ref><ref>Alexander Demling, Am nächsten Level gescheitert, Handelsblatt, 26.01.2017, https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/spiele-entwickler-goodgame-studios-am-naechsten-level-gescheitert/19301468.html  , abgerufen am 29.05.2024</ref>{{Infobox Unternehmen
 
| Name            = Goodgame Studios
 
| Name            = Goodgame Studios
 
| Logo            = Goodgame Studios Logo 2015.svg
 
| Logo            = Goodgame Studios Logo 2015.svg
| Unternehmensform = [[Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Deutschland)|GmbH]]
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| Unternehmensform = GmbH
 
| ISIN            =  
 
| ISIN            =  
 
| Gründungsdatum  = Juni 2009
 
| Gründungsdatum  = Juni 2009
 
| Auflösungsdatum  =  
 
| Auflösungsdatum  =  
 
| Auflösungsgrund  =  
 
| Auflösungsgrund  =  
| Sitz            = [[Hamburg]] (Deutschland)
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| Sitz            = Hamburg (Deutschland)
 
| Leitung          = Armin Busen, Gero Michalschyk
 
| Leitung          = Armin Busen, Gero Michalschyk
| Mitarbeiterzahl  = 270 <small>(Stand: April 2023)</small><ref>{{Internetquelle |url=https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/groesste-games-studios-deutschland-2023-04/ |titel=Die größten Games-Studios in Deutschland 2023 (Update) |werk=[[GamesWirtschaft]] |datum=2023-04-26 |abruf=2023-09-18}}</ref>
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| Mitarbeiterzahl  = 270 <small>(Stand: April 2023)</small>
| Umsatz          = 132 Millionen [[Euro|EUR]]<ref name="2016-geschäftsbericht" /> <small>(2016)</small>
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| Umsatz          = 132 Millionen EUR
 
| Stand            =  
 
| Stand            =  
| Branche          = [[Computerspiel]]e
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| Branche          = Computerspiele
 
| Homepage        = [http://www.goodgamestudios.com/de/ www.goodgamestudios.com]
 
| Homepage        = [http://www.goodgamestudios.com/de/ www.goodgamestudios.com]
 
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Amazon ist in Amerika und Europa nicht nur der marktbeherrschende Online-Händler, sondern Vorreiter und Taktgeber der gesamten Online-Branche. 
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== Union Busting ==
  
In Deutschland war Amazon 2019 mit 19,85 Milliarden Euro das umsatzstärkste US-Unternehmen.<ref>[https://www.n-tv.de/wirtschaft/Amazon-erobert-in-Deutschland-die-Spitze-article22093344.html ''Erstmals umsatzstärkste US-Firma. Amazon erobert in Deutschland die Spitze.''] In: ''n-tv''. 12. Oktober 2020, abgerufen am 13. Oktober 2020.</ref>  
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In der digitalen Start-Up Welt mit globalen Ambitionen und amerikanischen Vorstellungen von Arbeitnehmerrechten herrscht oft eine gewerkschaftsfeindliche Ideologie. So auch bei den Goodgame Studios. Im Jahr 2016 wurde eine Betriebsratsinitiative seitens der Geschäftsführung durch Kündigungen, Spaltung der Belegschaft und die Installation eines Anderen Vertretungsorgans zerschlagen. Neben ideologischen Gründen spielten wohl auch bereits geschmiedete Pläne zur Umstrukturierung mit massivem Stellenabbau eine Rolle. Ein Betriebsrat hätte gesetzlich verbriefte Rechte gehabt, bei Entlassungen Interessenausgleichsverhandlungen zu führen und einen Sozialplan abzuschließen sowie ein Mitbestimmungsrecht bei betriebsbedingten Kündigungen.<ref name=":0">Alexander Demling: ''Die Feel-Bad-Manager, Spiegel Online.'' 19. Januar 2016,https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/goodgame-betriebsrat-wird-vom-management-bekaempft-a-1072512.html  abgerufen am 24.05.2024</ref><ref>{{Cite web|Author=Gameswirtschaft|title=Betriebsrat in der Games-Branche: Überfällig oder überflüssig? (Update)|Datum=2020-08-14|url=https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/betriebsrat-games-branche-deutschland/|Zugriffsdatum=2024-05-24}}abgerufen am 24.05.2024</ref><ref>{{Cite web|Author=Jessica Reisner|Datum=2016-01-22|title=Goodgame: Evil Empire der Wawrzineks|websiteTitle=arbeitsunrecht in deutschland|url=https://arbeitsunrecht.de/goodgame-evil-empire-der-wawrzineks/|Zugriffsdatum=2024-05-24}}</ref><ref>Alexander Demling: Am nächsten Level gescheitert, Handelsblatt, www.handelsblatt.com,  https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/spiele-entwickler-goodgame-studios-am-naechsten-level-gescheitert/19301468.html , abgerufen 26.05.2024</ref><ref name=":4" />
  
Das Amazon-Management ist von einer undemokratischen, gewerkschaftsfeindlichen Firmenphilosophe ([[Union Busting]]) geprägt ist, die von höchster Ebene verordnet wird.
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'''Kündigung von Betriebsratsmitgliedern'''
  
Der Drang zur vollständigen Integration der Wertschöpfungskette und aggressiver Expansion in benachbarte Geschäftsfelder unterscheidet Amazon von anderen marktbeherrschenden Hightech-Firmen. Dadurch entsteht ein totalitäres Potential, das Amazon zu einem der gefährlichsten Konzerne der Welt macht.
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Im Frühjahr 2015 begann eine Gruppe von Mitarbeitern Kontakt zur Verdi aufzunehmen, um einen Betriebsrat zu gründen. Im November 2015 erhielten 28 Mitarbeiter gleichzeitig und unerwartet die Kündigung mit umgehender Wirkung. Es waren fast alles Mitarbeiter aus der Betriebsratsinitiative. Das Unternehmen konstruierte für die Kündigungen betriebliche Gründe und Leistungs- und Verhaltensdefizite. Eine der Entlassungen traf einen schwerbehinderten Mitarbeiter. Entgegen der gesetzlichen Vorschriften wurde hierbei die vorige Zustimmung des Integrationsamtes nicht eingeholt. <ref>Online-Spiele-Entwickler Goodgame entlässt 28 Mitarbeiter wegen Plänen zur Betriebsrats-Gründung - WELT, DIE WELT, https://www.welt.de/regionales/hamburg/article149748132/Schwere-Vorwuerfe-gegen-Spiele-Entwickler-Goodgame.html abgerufen am 25.05.2024</ref><ref name=":0" /><ref>Eklat bei Hamburger Onlinespielehersteller, hamburg.verdi.de,  https://hamburg.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++20350ef6-9cf4-11e5-8d84-525400438ccf , abgerufen am 25.05.2024. </ref><ref name=":1">Alexander Demling: ''Goodgame Studios schmeißt Schwerbehinderten raus, Spiegel Online.'' 19. Dezember 2015,https://www.spiegel.de/panorama/goodgame-studios-empire-hersteller-soll-mitarbeiter-wg-betriebsrat-entlassen-haben-a-00000000-0003-0001-0000-000000195217 abgerufen am 24.05.2024</ref><ref name=":2">Alexander Demling: ''Wie Goodgame einen Betriebsrat sabotiert, Spiegel Online.'' 22. Dezember 2015,https://www.spiegel.de/panorama/goodgame-kampf-um-betriebsrat-empire-hersteller-hamburg-a-00000000-0003-0001-0000-000000212332 abgerufen am 24.05.2024</ref>
  
== Ideologisch verbohrte Gewerkschaftsangst ==
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'''Spaltung der Belegschaft'''
Die Union Busting-Philosophie von Amazon ist nicht allein mit strategischen oder betriebswirtschaftlichen Maßstäben zu begreifen (etwa um Profitmaximierung durch Lohndumping und Flexiblisierung, reibungslose Steuerung durch die Zentrale zu erreichen). Sie trägt irrationale, doktrinäre, betriebswirtschaftlich kontraproduktive Züge, die ideologische Motive vermuten lassen: notorisch-paranoiden Anti-Kommunismus (Red scare), der Gewerkschaften als ferngesteuerte U-Boote der ''roten Gefahr'' sieht.
 
  
Regelmäßige Skandale rund um systematische Überwachung, Ausforschung und Profiling von Beschäftigen und (potentiellen) Gewerkschaftsmitgliedern sind weder Ausreißer, Zufälle oder Einzelfälle sondern symptomatisch für eine '''Firmen-Philosophie, die auf Unterwerfung des Individuums und Unterdrückung kollektiver Organisierung''' abzielt.
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Eine gängige Methode des Union Busting ist es, die Belegschaft gezielt zu bearbeiten und Stimmung gegen den Betriebsrat zu machen. Auch im Fall von Goodgame Studios ist gewerkschaftsfeindliche Propaganda und das Verbreiten einer feindseligen Stimmung gegen den Betriebsrat bekannt geworden. Viele Mitarbeiter berichteten von einem bedrückendem Klima der Angst. Auf einer firmeninternen Info-Veranstaltung wurde der Betriebsrat in aggressiver Weise als veraltetes Instrument dargestellt und es wurde den Mitarbeitern nahe gelegt, die Gründung eines Betriebsrats würde ihre Arbeitsplätze gefährden. In einer emotionalen Ansprache erklärte der Geschäftsführer die Gewerkschaft Verdi wolle "das Unternehmen auseinandernehmen". In den sozialen Medien verspotteten leitende Angestellte die Betriebsratsinitiative.<ref name=":3">Goodgame Studios vs. Verdi: Mitarbeiter wollen keinen Betriebsrat - WELT, DIE WELT,  https://www.welt.de/regionales/hamburg/article151223539/Die-Anti-Verdi-Propaganda-war-erfolgreich.html , abgerufen am 26.05.2024 </ref><ref name=":2" />
  
== Geschäftsmodell: Kreative Zerstörung ==
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'''Installation eines anderen Vertretungsorgans (AVO)'''
Amazon begann als Buchversand und entwickelte sich schnell zur treibenden Kraft für die Zerstörung des klassischen Einzelhandels und die daraus folgende Verödung von Innenstädten. Der lokale Einzelhandel war der aufkommenden Online-Konkurrenz nicht gewachsen. Dessen Preisvorteile entstanden durch:
 
*Optimierung der Logistik nach dem Vorbild des US-Militärs,
 
*Optimierung der Wertschöpfungskette durch maximale Auslagerung an Sub-Unternehmer,
 
*klassisches Lohndumping gegenüber der Masse an Arbeitern in Versandzentren und (schein-)selbständigen Paketboten, die am unteren Ende der Verwertungskette stehen,
 
*[[Union Busting]], um die Organisierung der Beschäftigten und ihren Kampf für Tarifverträge und humane Arbeitsbedingungen zu verhindern,
 
*Human Resources-Methoden, um Niedriglöhner auszuwählen, zu überwachen, zu steuern, anzutreiben und zu feuern,
 
*Erschließung von Arbeitskräften in strukturschwachen, benachteiligten Regionen, Stadtteilen und Bevölkerungsgruppen,
 
*Steuervermeidung über Finanzoasen und Schlupflöcher.
 
  
==Firmen-Struktur==
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Vor der anstehenden Wahl zum Wahlvorstand ließ das Management eine Arbeitsgruppe von Mitarbeitern eine AVO als Alternative zum Betriebsrat vorstellen. Die Präsentation fand während der Arbeitszeit statt und die Belegschaft wurde dafür freigestellt. Gleichwohl behauptete das Management, die Präsentation und die AVO seien von diesen Mitarbeitern "ohne Ausnahme von der Arbeitsgruppe aus eigenem Antrieb und ohne Auftrag oder Zutun der Geschäftsführung erarbeitet" worden. Nach der torpedierten Betriebsratsgründung erarbeitete ein Gremium aus fünf Mitarbeitern mit dem Management einen Vertrag für das alternative Mitbestimmungsmodell. In einer vom Unternehmen durchgeführten Wahl entschieden sich 86% der Mitarbeiter diesen Vertrag anzunehmen. Das Unternehmen sprach in einer Pressemitteilung von weitgehenden Initiativ- und Mitbestimmungsrechten des Konstruktes. Es wurde nicht bekannt, was genau dahinter steht. Eine klarere Sprache sprach die Bekanntgabe des Stellenabbaus bei Goodgame Studios nur sieben Monate nach der vereitelten Betriebsratsgründung.<ref>Belegschaft von Goodgame Studios stimmt mit großer Mehrheit für eigene Mitarbeitervertretung, Goodgame Studios, 2016-05-26, https://www.goodgamestudios.com/de/unternehmen/presse/mitteilungen/belegschaft-von-goodgame-studios-stimmt-mit-groser-mehrheit-fur-eigene-mitarbeitervertretung/ abgerufen am 27.05.2024</ref><ref name=":0" /><ref>Stellungnahme zu Kündigungen und Betriebsrat | Goodgame Blog, Goodgame Studios, 2015-12-18, https://www.goodgamestudios.com/de/blog/stellungnahme-zu-kundigungen/2015/12/18/#more-57879 abgerufen am 27.05.2024</ref><ref name=":3" /><ref name=":4">Kai von Appen: Kahlschlag im Zocker-Himmel, taz, 22.August 2016, https://taz.de/Entlassungen-bei-Computerspiel-Hersteller/!5326613/ abgerufen am 27.05.2016</ref>
Amazon setzt auf eine maximale vertikale Integration der Wertschöpfungskette bei gleichzeitig maximaler Auslagerung: Das Unternehmen versucht alle Schritte der Distribution unter seinem Kommando unter den Marken Amazon und Prime zu vereinen, dabei aber unternehmerische Verantwortung (und Lasten wie Sozialabgaben, Krankengeld, bezahlten Urlaub) sowie das unternehmerische Risiko möglichst vollständig auf Sub-Unternehmer zu verlagern.
 
  
Amazon ist ein führender Anbieter für Cloud-Dienste, verlegt eigene Untersee-Kabel, experimentiert mit Einzelhandelsgeschäften ohne Personal und bargeldloser Bezahlung; Amazon betreibt eine eigene Fracht-Fluglinie, eigene Paket-Auslieferung, einen Streaming-Dienst und produziert mit Alexa, Kindle etc. eigene Elektro-Geräte.
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'''Störung der Wahl zum Wahlvorstand'''
  
Amazon wickelt nicht nur Bestellung und Versand von Waren ab, sondern organisiert sowohl den globalen Transport mittels einer eigenen Fracht-Fluglinie als auch den lokalen Transport mittels eines eigenen Lieferdienstes und eigener Paketstationen. [[Amazon Air]] besitzt allerdings keine eigene Fluglizenz (AOC) sondern fliegt vollständig über Sub-Unternehmer ([[Wet-Lease]]). Gleichermaßen geschieht die Auslieferung der Pakete zum Kunden zwar unter dem Label Amazon, wird jedoch hinter den Kulissen möglichst vollständig von Sub-Unternehmern übernommen.
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Bei der Wahl zum Wahlvorstand herrschte entsprechend der vorigen Stimmungsmache durch das Management eine emotionsgeladene Atmosphäre. Die Veranstaltung zog sich über mehrere Stunden. Im Vorfeld hatte das Gründungsteam der AVO in seiner Präsentation alle Mitarbeiter dazu aufgerufen bei der Wahl zum Wahlvorstand leere Stimmzettel abzugeben, um einen Betriebsrat zu verhindern. Durch dieses Manöver kam in dieser Veranstaltung die erforderliche Mehrheit der anwesenden Stimmen für einen Wahlvorstand nicht zustande. Es fanden sich im Nachgang keine Mitarbeiter, die bereit waren den Wahlvorstand durch das Arbeitsgericht einzusetzen.<ref name=":3" />
  
Die weitgehende Auslagerung  an Sub-Unternehmer nutzt Amazon,
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==Union Buster==
*um diese in einen oft verheerenden Preiskampf zu schicken,  
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Bei der Verhinderung der Betriebsratswahl im Jahr 2016 ließ sich das Unternehmen '''Kanzlei Schmidt, von der Osten, Huber''' (SOH) aus Essen vertreten. Die Kanzlei ist bekannt als Stammkanzlei der '''Kötter-Security''' Gruppe und von '''[[Aldi Nord]]''' und '''[[Aldi Süd]]'''.<ref>{{Cite web|Author=Silke Brünger|Datum=2013-07-11|title=Namenspartner von Schmidt von der Osten & Huber geht zu Aldi Nord|websiteTitle=juve.de|url=https://www.juve.de/markt-und-management/seitenwechsel-namenspartner-von-schmidt-von-der-osten-huber-geht-zu-aldi-nord/|Zugriffsdatum=2024-05-24}}</ref><ref>{{Cite web|Author=LTO|title=GSK Stockmann / Schmidt von der Osten & Huber: EnBW verkauft OSD Schäfer an Kötter-Gruppe|websiteTitle=Legal Tribune Online|url=https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/gsk-stockmann-kollegen-gsk-stockmann-kollegen-beraet-die-enbw-ag-bei-der-veraeusserung-der-gesellschaftsanteile-an-der-osd-schaefer-an-die-koett/|Zugriffsdatum=2024-05-24}}</ref>
*die Verantwortung für Lohndumping, Arbeitsrechtsverstöße oder gar kriminelle Methoden abzuwälzen ([[Prinzip Pontius Pilatus]]),
 
*die gewerkschaftliche Organisierung extrem zu erschweren.  
 
  
So können Sub-Unternehmer, deren Belegschaft sich über Gewerkschaften oder Betriebsräte organisiert, bei Bedarf kurzerhand abgeschaltet und ersetzt werden, so dass sich das "Virus der unabhängigen Organisierung" (gemäß US-Union Busting Philosophie) nicht in den "Gesamtorganismus" ausbreitet.
 
  
==Union Busting==
 
  
Die Ablehnung und aktive Bekämpfung von Gewerkschaften gehört zur weltweiten Firmenphilosophie von Amazon. Das Unternehmen weigert sich prinzipiell, überhaupt mit Gewerkschaften zu verhandeln. Diese werden,  gemäß der klassischen US-amerikanischen Union Busting-Doktrin, als Fremdkörper gebranntmarkt ([[Third-Party-These]]), die sich aus finanziellem Eigeninteressen zwischen "fleißige Beschäftigte" und ein angeblich verständnisvolles, treusorgendes Management schieben wollten, dessen "Tür immer offen steht" ([[Open Door Argument]]).
 
  
Amazon lässt an manchen Standorten [[Betriebsrat|Betriebsräte]] zu, versucht allerdings die Mehrheiten in Betriebsrat und [[Gesamtbetriebsrat]] mit management-freundlichen bis management-hörigen Kandidaten und Wahllisten zu erringen. Damit folgt Amazon der Linie, die andere US-Konzerne in Deutschland nach dem Vorbild von [[McDonalds]] & [[UPS]] seit der Jahrtausendwende verfolgen. (Bis in die 1990er-Jahre schafften es diese US-Vorreiter mit großem Aufwand vollkommen betriebsratsfrei zu bleiben, dann gingen sie dazu über vereinzelt Betriebsräte zu akzeptieren und die Gesamtbetriebsräte mit management-hörigen Kandidaten zu bestücken.)
 
  
=====Kunstrasen-Initiativen=====
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==Belege / Quellen==
Zu den Amazon-Strategien gegen Gewerkschaften und Betriebsräte gehört die Bildung von sog. [[Kunstrasen]]-Initiativen (engl: Astroturf). Das Management protegiert Initiativen, die den Anschein erwecken, als seien sie spontan aus der Belegschaft entstanden, um sich gegen "Angriffe von außen", "Nestbeschmutzung" etc. durch gewerkschaftliche Organisierung und aktive Betriebsratsarbeit zu wehren. Solche Initiativen gehören zum Standard-Repertoire des US-amerikanischen Union Busting und werden zumeist direkt oder indirekt vom Management oder speziellen Dienstleistern (wie Kanzleien, PR-Agenturen) angeleitet oder gar finanziert.
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<references />
 
 
Ende Dezember 2013 wurde eine von 1018 Mitarbeitern der Standorte Leipzig und Bad Hersfeld unterzeichnete Unterschriftenaktion veröffentlicht, in der sich die Unterzeichner „von den derzeitigen Zielen, Argumenten und Äußerungen (…) Verdi[s]“ distanzierten. Die Mitarbeiter betonten, dass das von der Gewerkschaft erweckte „negative öffentliche Bild“ sie „bis ins Privatleben“ verfolge. Verdis Darstellungen entsprächen „nicht der Realität und nicht unserem täglichen Arbeitsleben“. Verdi bezeichnete die Aktion als dubios, Unterschriften seien unter Druck bzw. unter Aufsicht des Managements gemacht worden und ein Teil der Unterschriften stamme von inzwischen nicht mehr bei Amazon beschäftigten Saisonarbeitern.<ref>Amazon - Kritik an Amazon Echo, de.wikipedia.org, https://de.wikipedia.org/wiki/Amazon#Kritik_an_Amazon_Echo_(%E2%80%9EAlexa%E2%80%9C), abgerufen 8.12.2020</ref>
 
 
 
===== Gezielte Diskreditierung durch Public Relations =====
 
Laut durchgesickerter Dokumente soll Amazon Ende März 2020 eine gezielte PR-Kampagne gegen den Lagerarbeiter Chris S. in New York lanciert haben, der als mutmaßlicher Rädelführer eines Streiks gegen mangelhaften Corona-Schutz im Verteilzentrum Long Island gefeuert worden war. Der oberste Amazon-Anwalt [[David Zapolsky]] regte an, Chris S. zum Gesicht der "gesamten gewerkschaftlichen Organisierungsbewegung" zu machen: ''"Er ist nicht smart oder redegewandt, falls die Presse sich auf ein 'Er gegen uns' fokussieren will, wären wir in einer wesentlich stärkeren PR-Position."'' Die Strategie soll auf oberster Ebene mit Amazon-CEO [[Jeff Bezos]], Kundendienst-Chef [[Dave Clark]] (Customer Service) und der Human Resources-Chefin [[Beth Galett]]<nowiki/>i abgestimmt worden sein.<ref>Tyler Sonnemaker and Bryan Pietsch: A leaked memo reveals Amazon's reported efforts to mount a PR campaign against a worker it fired after he led a protest calling for better safety standards at warehouses amid the coronavirus, Business Insider, 2.4.2020, https://www.businessinsider.com/leaked-memo-reveals-amazon-reportedly-led-pr-campaign-against-worker-2020-4?r=DE&IR=T</ref>
 
 
 
'''Willkürliche Abmahnungen von Betriebsräten'''
 
 
 
Immer wieder versucht Amazon mit willkürlichen Abmahnungen aktive Betriebsratsmitglieder einzuschüchtern und diese von ihrem Einsatz für die Belegschaft abzubringen. Die Amazon Manager sind dafür bekannt, Mitarbeiter*innen genau zu beobachten und jedes Verhalten, dass sie auch nur ansatzweise für eine Abmahnung ausreichend halten, zu melden. Aus diesen Meldungen werden dann Abmahnungen konstruiert, mit denen die Betriebsratsmitglieder psychisch unter Druck gesetzt werden sollen.<ref>Kevin Hoffmann: Frontberichte 02/2022: Frontberichte 02/2022: Hotel Wartburg, Prominent, Amazon, Orpea https://arbeitsunrecht.de/frontberichte-02-2022/#anker03</ref>
 
 
 
'''Willkürliche Auslaufenlassen von Verträgen'''
 
 
 
Im Februar 2023 versuchte Amazon am Verteilzentrum Wunstorf ein engagiertes Betriebsratsmitglied loszuwerden, indem der befristete und zuvor mehrfach verlängerte Vertrag nicht in einen unbefristeten Vertrag umgewandelt und damit das Betriebsratsmitglied unbefristet übernommen wurde. Das Betriebsratsmitglied habe keinen Festvertrag erhalten, obwohl es viele Kriterien erfüllt, auf die Amazon bei Vertragsverlängerungen üblicherweise achtet.<ref>Kevin Hoffmann, Frontberichte 02/2023: Amazon, XXXLutz, Smava & Cura, 13.03.2023, https://arbeitsunrecht.de/frontberichte-02-2023-amazon-xxxlutz-smava-cura/</ref>
 
 
 
'''Kündigung von Betriebsratsmitgliedern'''
 
  
Am 19.09.2023 verhandelte das Arbeitsgericht in Verden den Kündigungsversuch des Onlinehändlers Amazon gegen das Betriebsratsmitglied Rainer, der am Standort in Achim arbeitete. Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage des Betriebsratsmitgliedes ab und bestätigte die fristlose Entlassung durch Amazon. Darüber berichten die Seiten von tagesschau und verdi. <ref> Union Busting-News 15/23 [https://arbeitsunrecht.de/union-busting-news-14-23-amazon-rewe-kaufland-fu-berlin-mazur/]</ref>
 
  
 
==Überwachung, Bespitzelung, Profiling==
 
 
===== Pinkerton spioniert in Europa =====
 
Das [[Global Security Operations Cetner]] von Amazon steht in dringendem Verdacht, Gewerkschaften und Betriebsräte europaweit zu überwachen. Der Journalist Ralf Streck schreibt unter Berufung auf das US-Magazin Motherbord,<ref>Lauren Kaori Gurley: Secret Amazon Reports Expose the Company’s Surveillance of Labor and Environmental Groups, Motherbord by Vice, 23.11.2020, https://www.vice.com/en/article/5dp3yn/amazon-leaked-reports-expose-spying-warehouse-workers-labor-union-environmental-groups-social-movements</ref> es seien Spione der Detektei [[Pinkerton]] ''"zum Beispiel in ein Lager im polnischen Wroclaw (Breslau) 'eingeschleust' worden, um Lagerarbeiter und deren gewerkschaftlichen Bemühungen zu überwachen. [...] Die Firma spioniert offenbar alle Arten von Arbeitnehmertreffen aus, von denen genaue Daten wie Ort, Zeit und Datum genauso festgehalten werden wie auch inhaltliche Positionen der Teilnehmer, die bei diesen Treffen diskutiert werden. "'' <ref>Ralf Streck: Setzt Amazon Spitzel gegen Beschäftigte ein?, Telepolis, 4.12.2020, https://www.heise.de/tp/features/Setzt-Amazon-Spitzel-gegen-Beschaeftigte-ein-4978306.html</ref>
 
 
Gegenüber ''Business Insider'' bestätigte die Amazon-Sprecherin [[Lisa Levandowski]], dass man mit Pinkerton zusammen arbeite, um ''"wertvolle Warensendungen im Versand zu sichern".''<ref>Katie Canales: Amazon setzt Spione gegen seine Angestellten ein – sie sollen Gewerkschaften verhindern, Business Insider, 25.11.2020, https://www.businessinsider.de/wirtschaft/amazon-heuert-privatdetektive-an-um-gewerkschaften-zu-verhindern-a/</ref>
 
 
Nach Angaben von Motherboard arbeiten ehemalige Geheimdienstler für das Global Security Operation Center.
 
 
===== Kloake: Brigade korrupter Polizisten in Spanien =====
 
In Spanien soll Amazon auf eine "politische Brigade" korrupter Polizisten setzen, um Streiks wie am 30. Oktober 2019 am Versandzentrum El Prat de Llobregat in der Region Barcelona oder Proteste am Black Friday 2019 in Madrid auszuspionieren und gezielt zu diskreditieren. Im Zentrum des Skandals steht der inhaftierte ehemalige Polizeikommissar [[José Manuel Villarejo]]. Amazon habe für die Bespitzelung von Beschäftigten auf Personal aus dessen Netzwerk, bekannt als "Kloake", gesetzt. Dazu gehörte die Detektei [[Castor & Polux]], die von [[Julián Peribañez]] geleitet wird.<ref>Pedro Águeda: Amazon utilizó al hombre de Villarejo en Catalunya para el espionaje a sindicalistas durante una huelga, El Diario, 30.11.2020, https://www.eldiario.es/politica/amazon-utilizo-hombre-villarejo-catalunya-espionaje-sindicalistas-durante-huelga_1_6471594.html</ref>
 
 
===== Künstliche Intelligenz + Anti-Gewerkschafts-Profiling =====
 
Amazon setzt künstliche Intelligenz ein, um Solidarisierung in Belegschaften im Vorfeld zu erkennen. Bekannt wurden solche Methoden bei der Amazon-Tochter [[Whole Foods]], einer Bio-Supermarktkette in den USA.
 
 
Dort ermittelt ein Algorithmus anhand von verschiedenen Indikatoren die Wahrscheinlichkeit gewerkschaftlicher Aktivitäten. Erfasst werden demnach Daten in drei Hauptkategorien: "Externe Risiken", "Filialrisiken" und "Stimmung unter den Mitarbeitern."
 
 
Der Journalist Daniel AJ Sokolov schreibt: "Zu den Externen Risiken zählt beispielsweise die Entfernung der Filiale zum nächsten Gewerkschaftsbüro, wie viele Mitglieder Gewerkschaften in der Gegend haben, wie viele Verfahren wegen Verletzung von Arbeitnehmerrechten gegen die jeweilige Filiale eingeleitet wurden, und die Zahl erfasster einschlägiger Ereignisse, etwa Informationsveranstaltungen von Arbeitnehmervertretern. Einbezogen werden außerdem lokale wirtschaftliche und demografische Faktoren wie die Arbeitslosenrate in dem Postleitzahlgebiet und der Anteil der Familien, die unter der Armutsgrenze leben müssen.
 
 
In die Berechnung des Filialrisikos wiederum fließen die durchschnittliche Entlohnung, der Umsatz, und der Grad ethnischer Durchmischung der Belegschaft ein: Neben schlechter Bezahlung erhöht offenbar auch geringe ethnische Durchmischung unter der Belegschaft die Wahrscheinlichkeit, dass die Mitarbeiter gemeinsam für ihre Interessen eintreten." <ref>Daniel AJ Sokolov: Datenscoring gegen Gewerkschaften bei Amazon-Tochter Whole Foods, Heise, 22.4.2020, https://www.heise.de/newsticker/meldung/Datenscoring-gegen-Gewerkschaften-bei-Amazon-Tochter-Whole-Foods-4707070.html</ref>
 
 
Es ist unwahrscheinlich, dass Amazon diese Möglichkeiten nur bei einer relativ kleinen Tochtergesellschaft nutzt. (Whole Foods steuert weniger als  5% des Konzern-Umsatzes bei.)
 
 
====== Rüge durch deutschen Datenschutzbeauftragen ======
 
Der niedersächsiche Datenschutzbeauftragte beanstandete 2020 laut NDR-Bericht eine Software, die ebenfalls zur Mitarbeiterüberwachung eingesetzt wurde, vorgeblich zur Leistungskontrolle und -optimierung. Ein Vorarbeiter "berichtete auch, dass durch die Software detaillierte Profile jedes einzelnen Beschäftigten erstellt werden. Fällt die Rate eines Beschäftigten dauerhaft, erzählt der Vorarbeiter, wird dieser zum Gespräch gebeten. Ob ein befristet Beschäftigter eine Vertragsverlängerung bekommt, hänge dem Vorarbeiter zufolge auch davon ab, ob er die Rate erfülle." Diese Profile lassen sich höchstwahrscheinlich auch zur Kontaktverfolgung und somit zur Unterdrückung von gewerkschaftlicher Organisierung nutzen. <ref>Sebastian Friedrich, Johannes Jolmes: Amazon - Der Vorgesetzte sieht alles, Das Erste - NDR Panorama,  15.10.2020, https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Mitarbeiterueberwachung-Verfahren-gegen-Amazon,amazon446.html </ref>
 
 
=== Heimliche Aufnahmen der Amazon „Cloud Cam“ ===
 
Im Oktober 2019 veröffentlichte Bloomberg, dass Amazon mit der Sicherheitskamera Cloud Cam heimliche Aufnahmen seiner Kunden macht und diese von Mitarbeitern in [[Rumänien]] und [[Indien]] auswerten lässt, darunter Aufzeichnungen aus dem Schlafzimmer. Laut Bloomberg wurden Aufnahmen auch an Außenstehende weitergegeben. Amazon bestreitet die Vorwürfe.<ref>Amazon - Heimliche Aufnahmen der Amazon "Cloud Cam", de.wikipedia.org, https://de.wikipedia.org/wiki/Amazon#Heimliche_Aufnahmen_der_Amazon_%E2%80%9ECloud_Cam%E2%80%9C, abgerufen 8.12.2020 </ref>
 
 
=== Big Brother Award 2018: Kritik an Alexa ===
 
Im April 2018 erhielt ''[[Amazon Echo|Amazon Alexa]]'' den deutschen Big Brother Award in der Kategorie ''Verbraucherschutz''. Laudator [[padeluun]] befand, sie sei ''eine Abhörschnittstelle, die sich zum Beispiel als Wecker tarnt, aber ein allwissender Butler in fremden Diensten ist, der sich von mir höchstpersönlich ins Schlafzimmer tragen und an das weltweite Überwachungsnetz anschließen lässt''.
 
 
Im April 2019 veröffentlichte [[Bloomberg News|Bloomberg]], dass [[Amazon Echo]] („Alexa“) heimlich Gespräche von dessen Nutzern aufzeichnet. Die Aufzeichnungen sollen auch geschehen sein, als Amazon Echo gar nicht gestartet war. Amazon Echo zeichnete vertrauliche Informationen zu Name und Bankkonten sowie Gesang und Babygeschrei auf. Durch [[Transkription (Linguistik)|Transkription]] der Aufzeichnungen wurden Vorname, Amazon-Account-Nummer und Gerätenummer erkennbar.<ref>Amazon - Kritik an Amazon Echo, de.wikipedia.org, https://de.wikipedia.org/wiki/Amazon#Kritik_an_Amazon_Echo_(%E2%80%9EAlexa%E2%80%9C), abgerufen 8.12.2020</ref>
 
 
==Belege / Quellen==
 
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Aktuelle Version vom 3. Juni 2024, 08:47 Uhr

Goodgame Studios ist ein Unternehmen für Spielesoftware und gehört zu den größten Arbeitgebern unter den Spiele-Entwicklern in Deutschland. Das Unternehmen wurde 2009 von den Brüdern Kai und Christian Wawrzinek gegründet. Erfolgreich wurde das Unternehmen mit dem Online-Strategiespiel "Goodgames-Empire".[1][2]

Die Entwicklung kostenloser Online-Games bereitete dem Unternehmen in der Anfangsphase ein rasantes Wachstum. Die Mitarbeiter, die diesen glänzenden Aufstieg erarbeiteten, mussten sich dagegen oft mit befristeten Verträgen, Mindestlohnniveau und lediglich vier Wochen Jahresurlaub begnügen.[3] Auf Höhenflug und überambitionierte Ziele folgte jedoch auch für das Unternehmen ein beispielloser Abstieg mit massiven Stellenabbau. Dem Management war es strategisch nicht gelungen sich vom Erfolg von "Goodgames-Empire" lösen und die weiteren Spiele floppten. Im Jahr 2017 schrieb das Unternehmen dann wieder schwarze Zahlen und wurde als sogenannter "Exit" komplett vom schwedische Games-Unternehmen Stillfront übernommen.[4][5]

Goodgame Studios

Logo

Rechtsform GmbH
Gründung Juni 2009
Sitz Hamburg (Deutschland)
Leitung Armin Busen, Gero Michalschyk
Mitarbeiterzahl 270 (Stand: April 2023)
Umsatz 132 Millionen EUR
Branche Computerspiele
Website www.goodgamestudios.com

Union Busting

In der digitalen Start-Up Welt mit globalen Ambitionen und amerikanischen Vorstellungen von Arbeitnehmerrechten herrscht oft eine gewerkschaftsfeindliche Ideologie. So auch bei den Goodgame Studios. Im Jahr 2016 wurde eine Betriebsratsinitiative seitens der Geschäftsführung durch Kündigungen, Spaltung der Belegschaft und die Installation eines Anderen Vertretungsorgans zerschlagen. Neben ideologischen Gründen spielten wohl auch bereits geschmiedete Pläne zur Umstrukturierung mit massivem Stellenabbau eine Rolle. Ein Betriebsrat hätte gesetzlich verbriefte Rechte gehabt, bei Entlassungen Interessenausgleichsverhandlungen zu führen und einen Sozialplan abzuschließen sowie ein Mitbestimmungsrecht bei betriebsbedingten Kündigungen.[6][7][8][9][3]

Kündigung von Betriebsratsmitgliedern

Im Frühjahr 2015 begann eine Gruppe von Mitarbeitern Kontakt zur Verdi aufzunehmen, um einen Betriebsrat zu gründen. Im November 2015 erhielten 28 Mitarbeiter gleichzeitig und unerwartet die Kündigung mit umgehender Wirkung. Es waren fast alles Mitarbeiter aus der Betriebsratsinitiative. Das Unternehmen konstruierte für die Kündigungen betriebliche Gründe und Leistungs- und Verhaltensdefizite. Eine der Entlassungen traf einen schwerbehinderten Mitarbeiter. Entgegen der gesetzlichen Vorschriften wurde hierbei die vorige Zustimmung des Integrationsamtes nicht eingeholt. [10][6][11][2][12]

Spaltung der Belegschaft

Eine gängige Methode des Union Busting ist es, die Belegschaft gezielt zu bearbeiten und Stimmung gegen den Betriebsrat zu machen. Auch im Fall von Goodgame Studios ist gewerkschaftsfeindliche Propaganda und das Verbreiten einer feindseligen Stimmung gegen den Betriebsrat bekannt geworden. Viele Mitarbeiter berichteten von einem bedrückendem Klima der Angst. Auf einer firmeninternen Info-Veranstaltung wurde der Betriebsrat in aggressiver Weise als veraltetes Instrument dargestellt und es wurde den Mitarbeitern nahe gelegt, die Gründung eines Betriebsrats würde ihre Arbeitsplätze gefährden. In einer emotionalen Ansprache erklärte der Geschäftsführer die Gewerkschaft Verdi wolle "das Unternehmen auseinandernehmen". In den sozialen Medien verspotteten leitende Angestellte die Betriebsratsinitiative.[13][12]

Installation eines anderen Vertretungsorgans (AVO)

Vor der anstehenden Wahl zum Wahlvorstand ließ das Management eine Arbeitsgruppe von Mitarbeitern eine AVO als Alternative zum Betriebsrat vorstellen. Die Präsentation fand während der Arbeitszeit statt und die Belegschaft wurde dafür freigestellt. Gleichwohl behauptete das Management, die Präsentation und die AVO seien von diesen Mitarbeitern "ohne Ausnahme von der Arbeitsgruppe aus eigenem Antrieb und ohne Auftrag oder Zutun der Geschäftsführung erarbeitet" worden. Nach der torpedierten Betriebsratsgründung erarbeitete ein Gremium aus fünf Mitarbeitern mit dem Management einen Vertrag für das alternative Mitbestimmungsmodell. In einer vom Unternehmen durchgeführten Wahl entschieden sich 86% der Mitarbeiter diesen Vertrag anzunehmen. Das Unternehmen sprach in einer Pressemitteilung von weitgehenden Initiativ- und Mitbestimmungsrechten des Konstruktes. Es wurde nicht bekannt, was genau dahinter steht. Eine klarere Sprache sprach die Bekanntgabe des Stellenabbaus bei Goodgame Studios nur sieben Monate nach der vereitelten Betriebsratsgründung.[14][6][15][13][3]

Störung der Wahl zum Wahlvorstand

Bei der Wahl zum Wahlvorstand herrschte entsprechend der vorigen Stimmungsmache durch das Management eine emotionsgeladene Atmosphäre. Die Veranstaltung zog sich über mehrere Stunden. Im Vorfeld hatte das Gründungsteam der AVO in seiner Präsentation alle Mitarbeiter dazu aufgerufen bei der Wahl zum Wahlvorstand leere Stimmzettel abzugeben, um einen Betriebsrat zu verhindern. Durch dieses Manöver kam in dieser Veranstaltung die erforderliche Mehrheit der anwesenden Stimmen für einen Wahlvorstand nicht zustande. Es fanden sich im Nachgang keine Mitarbeiter, die bereit waren den Wahlvorstand durch das Arbeitsgericht einzusetzen.[13]

Union Buster

Bei der Verhinderung der Betriebsratswahl im Jahr 2016 ließ sich das Unternehmen Kanzlei Schmidt, von der Osten, Huber (SOH) aus Essen vertreten. Die Kanzlei ist bekannt als Stammkanzlei der Kötter-Security Gruppe und von Aldi Nord und Aldi Süd.[16][17]



Belege / Quellen

  1. Gameswirtschaft: Die größten Games-Studios in Deutschland 2023 (Update), 2023-04-26, https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/groesste-games-studios-deutschland-2023-04/
  2. 2,0 2,1 Alexander Demling: Goodgame Studios schmeißt Schwerbehinderten raus, Spiegel Online. 19. Dezember 2015,https://www.spiegel.de/panorama/goodgame-studios-empire-hersteller-soll-mitarbeiter-wg-betriebsrat-entlassen-haben-a-00000000-0003-0001-0000-000000195217 abgerufen am 24.05.2024
  3. 3,0 3,1 3,2 Kai von Appen: Kahlschlag im Zocker-Himmel, taz, 22.August 2016, https://taz.de/Entlassungen-bei-Computerspiel-Hersteller/!5326613/ abgerufen am 27.05.2016
  4. Alexander Hüsing: Goodgame Studios-Exit: Was ihr dazu wissen solltet, 2017-12-07, https://www.deutsche-startups.de/2017/12/07/goodgame-studios-exit-ihr-dazu-wissen-solltet/ abgerufen am 29.05.2024
  5. Alexander Demling, Am nächsten Level gescheitert, Handelsblatt, 26.01.2017, https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/spiele-entwickler-goodgame-studios-am-naechsten-level-gescheitert/19301468.html , abgerufen am 29.05.2024
  6. 6,0 6,1 6,2 Alexander Demling: Die Feel-Bad-Manager, Spiegel Online. 19. Januar 2016,https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/goodgame-betriebsrat-wird-vom-management-bekaempft-a-1072512.html abgerufen am 24.05.2024
  7. Gameswirtschaft: Betriebsrat in der Games-Branche: Überfällig oder überflüssig? (Update), {{{websiteTitle}}}, 2020-08-14, https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/betriebsrat-games-branche-deutschland/ abgerufen am 24.05.2024
  8. Jessica Reisner: Goodgame: Evil Empire der Wawrzineks, arbeitsunrecht in deutschland, 2016-01-22, https://arbeitsunrecht.de/goodgame-evil-empire-der-wawrzineks/
  9. Alexander Demling: Am nächsten Level gescheitert, Handelsblatt, www.handelsblatt.com,  https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/spiele-entwickler-goodgame-studios-am-naechsten-level-gescheitert/19301468.html , abgerufen 26.05.2024
  10. Online-Spiele-Entwickler Goodgame entlässt 28 Mitarbeiter wegen Plänen zur Betriebsrats-Gründung - WELT, DIE WELT, https://www.welt.de/regionales/hamburg/article149748132/Schwere-Vorwuerfe-gegen-Spiele-Entwickler-Goodgame.html abgerufen am 25.05.2024
  11. Eklat bei Hamburger Onlinespielehersteller, hamburg.verdi.de,  https://hamburg.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++20350ef6-9cf4-11e5-8d84-525400438ccf , abgerufen am 25.05.2024.
  12. 12,0 12,1 Alexander Demling: Wie Goodgame einen Betriebsrat sabotiert, Spiegel Online. 22. Dezember 2015,https://www.spiegel.de/panorama/goodgame-kampf-um-betriebsrat-empire-hersteller-hamburg-a-00000000-0003-0001-0000-000000212332 abgerufen am 24.05.2024
  13. 13,0 13,1 13,2 Goodgame Studios vs. Verdi: Mitarbeiter wollen keinen Betriebsrat - WELT, DIE WELT,  https://www.welt.de/regionales/hamburg/article151223539/Die-Anti-Verdi-Propaganda-war-erfolgreich.html , abgerufen am 26.05.2024
  14. Belegschaft von Goodgame Studios stimmt mit großer Mehrheit für eigene Mitarbeitervertretung, Goodgame Studios, 2016-05-26, https://www.goodgamestudios.com/de/unternehmen/presse/mitteilungen/belegschaft-von-goodgame-studios-stimmt-mit-groser-mehrheit-fur-eigene-mitarbeitervertretung/ abgerufen am 27.05.2024
  15. Stellungnahme zu Kündigungen und Betriebsrat | Goodgame Blog, Goodgame Studios, 2015-12-18, https://www.goodgamestudios.com/de/blog/stellungnahme-zu-kundigungen/2015/12/18/#more-57879 abgerufen am 27.05.2024
  16. Silke Brünger: Namenspartner von Schmidt von der Osten & Huber geht zu Aldi Nord, juve.de, 2013-07-11, https://www.juve.de/markt-und-management/seitenwechsel-namenspartner-von-schmidt-von-der-osten-huber-geht-zu-aldi-nord/
  17. LTO: GSK Stockmann / Schmidt von der Osten & Huber: EnBW verkauft OSD Schäfer an Kötter-Gruppe, Legal Tribune Online, https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/gsk-stockmann-kollegen-gsk-stockmann-kollegen-beraet-die-enbw-ag-bei-der-veraeusserung-der-gesellschaftsanteile-an-der-osd-schaefer-an-die-koett/ , abgerufen 2024-05-24.