Gemeinsam sind wir stärker! Die aktion ./. arbeitsunrecht unterstützt Beschäftigte, Betriebsräte und Gewerkschafter:innen gegen Union Busting. Unsere Arbeit wirkt. ► Wirken Sie mit!
► Werden Sie jetzt Fördermitglied!
Goodgame Studios: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 24: | Zeile 24: | ||
'''Kündigung von Betriebsratsmitgliedern''' | '''Kündigung von Betriebsratsmitgliedern''' | ||
− | Im Frühjahr 2015 begann eine Gruppe von Mitarbeitern Kontakt zur Verdi aufzunehmen, um einen Betriebsrat zu gründen. Im November 2015 erhielten 28 Mitarbeiter gleichzeitig und unerwartet die Kündigung mit umgehender Wirkung. Es waren fast alles Mitarbeiter aus der Betriebsratsinitiative. Das Unternehmen konstruierte für die Kündigungen betriebliche Gründe und Leistungs- und Verhaltensdefizite. Eine der Entlassungen traf einen schwerbehinderten Mitarbeiter. Entgegen der gesetzlichen Vorschriften wurde hierbei die vorige Zustimmung des Integrationsamtes nicht eingeholt | + | Im Frühjahr 2015 begann eine Gruppe von Mitarbeitern Kontakt zur Verdi aufzunehmen, um einen Betriebsrat zu gründen. Im November 2015 erhielten 28 Mitarbeiter gleichzeitig und unerwartet die Kündigung mit umgehender Wirkung. Es waren fast alles Mitarbeiter aus der Betriebsratsinitiative. Das Unternehmen konstruierte für die Kündigungen betriebliche Gründe und Leistungs- und Verhaltensdefizite. Eine der Entlassungen traf einen schwerbehinderten Mitarbeiter. Entgegen der gesetzlichen Vorschriften wurde hierbei die vorige Zustimmung des Integrationsamtes nicht eingeholt. <ref>Online-Spiele-Entwickler Goodgame entlässt 28 Mitarbeiter wegen Plänen zur Betriebsrats-Gründung - WELT, DIE WELT, https://www.welt.de/regionales/hamburg/article149748132/Schwere-Vorwuerfe-gegen-Spiele-Entwickler-Goodgame.html abgerufen am 25.05.2024</ref><ref name=":0" /><ref>Eklat bei Hamburger Onlinespielehersteller, hamburg.verdi.de, https://hamburg.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++20350ef6-9cf4-11e5-8d84-525400438ccf , abgerufen am 25.05.2024. </ref><ref name=":1">Alexander Demling: ''Goodgame Studios schmeißt Schwerbehinderten raus, Spiegel Online.'' 19. Dezember 2015,https://www.spiegel.de/panorama/goodgame-studios-empire-hersteller-soll-mitarbeiter-wg-betriebsrat-entlassen-haben-a-00000000-0003-0001-0000-000000195217 abgerufen am 24.05.2024</ref><ref name=":2">Alexander Demling: ''Wie Goodgame einen Betriebsrat sabotiert, Spiegel Online.'' 22. Dezember 2015,https://www.spiegel.de/panorama/goodgame-kampf-um-betriebsrat-empire-hersteller-hamburg-a-00000000-0003-0001-0000-000000212332 abgerufen am 24.05.2024</ref> |
'''Spaltung der Belegschaft''' | '''Spaltung der Belegschaft''' |
Version vom 3. Juni 2024, 08:47 Uhr
Goodgame Studios ist ein Unternehmen für Spielesoftware und gehört zu den größten Arbeitgebern unter den Spiele-Entwicklern in Deutschland. Das Unternehmen wurde 2009 von den Brüdern Kai und Christian Wawrzinek gegründet. Erfolgreich wurde das Unternehmen mit dem Online-Strategiespiel "Goodgames-Empire".[1][2]
Die Entwicklung kostenloser Online-Games bereitete dem Unternehmen in der Anfangsphase ein rasantes Wachstum. Die Mitarbeiter, die diesen glänzenden Aufstieg erarbeiteten, mussten sich dagegen oft mit befristeten Verträgen, Mindestlohnniveau und lediglich vier Wochen Jahresurlaub begnügen.[3] Auf Höhenflug und überambitionierte Ziele folgte jedoch auch für das Unternehmen ein beispielloser Abstieg mit massiven Stellenabbau. Dem Management war es strategisch nicht gelungen sich vom Erfolg von "Goodgames-Empire" lösen und die weiteren Spiele floppten. Im Jahr 2017 schrieb das Unternehmen dann wieder schwarze Zahlen und wurde als sogenannter "Exit" komplett vom schwedische Games-Unternehmen Stillfront übernommen.[4][5]
Goodgame Studios
| |
---|---|
| |
Rechtsform | GmbH |
Gründung | Juni 2009 |
Sitz | Hamburg (Deutschland) |
Leitung | Armin Busen, Gero Michalschyk |
Mitarbeiterzahl | 270 (Stand: April 2023) |
Umsatz | 132 Millionen EUR |
Branche | Computerspiele |
Website | www.goodgamestudios.com |
Union Busting
In der digitalen Start-Up Welt mit globalen Ambitionen und amerikanischen Vorstellungen von Arbeitnehmerrechten herrscht oft eine gewerkschaftsfeindliche Ideologie. So auch bei den Goodgame Studios. Im Jahr 2016 wurde eine Betriebsratsinitiative seitens der Geschäftsführung durch Kündigungen, Spaltung der Belegschaft und die Installation eines Anderen Vertretungsorgans zerschlagen. Neben ideologischen Gründen spielten wohl auch bereits geschmiedete Pläne zur Umstrukturierung mit massivem Stellenabbau eine Rolle. Ein Betriebsrat hätte gesetzlich verbriefte Rechte gehabt, bei Entlassungen Interessenausgleichsverhandlungen zu führen und einen Sozialplan abzuschließen sowie ein Mitbestimmungsrecht bei betriebsbedingten Kündigungen ein Mitbestimmungsrecht.[6][7][8][9][3]
Kündigung von Betriebsratsmitgliedern
Im Frühjahr 2015 begann eine Gruppe von Mitarbeitern Kontakt zur Verdi aufzunehmen, um einen Betriebsrat zu gründen. Im November 2015 erhielten 28 Mitarbeiter gleichzeitig und unerwartet die Kündigung mit umgehender Wirkung. Es waren fast alles Mitarbeiter aus der Betriebsratsinitiative. Das Unternehmen konstruierte für die Kündigungen betriebliche Gründe und Leistungs- und Verhaltensdefizite. Eine der Entlassungen traf einen schwerbehinderten Mitarbeiter. Entgegen der gesetzlichen Vorschriften wurde hierbei die vorige Zustimmung des Integrationsamtes nicht eingeholt. [10][6][11][2][12]
Spaltung der Belegschaft
Eine gängige Methode des Union Busting ist es, die Belegschaft gezielt zu bearbeiten und Stimmung gegen den Betriebsrat zu machen. Auch im Fall von Goodgame Studios ist gewerkschaftsfeindliche Propaganda und das Verbreiten einer feindseligen Stimmung gegen den Betriebsrat bekannt geworden. Viele Mitarbeiter berichteten von einem bedrückendem Klima der Angst. Auf einer firmeninternen Info-Veranstaltung wurde der Betriebsrat in aggressiver Weise als veraltetes Instrument dargestellt und es wurde den Mitarbeitern nahe gelegt, die Gründung eines Betriebsrats würde ihre Arbeitsplätze gefährden. In einer emotionalen Ansprache erklärte der Geschäftsführer die Gewerkschaft Verdi wolle "das Unternehmen auseinandernehmen". In den sozialen Medien verspotteten leitende Angestellte die Betriebsratsinitiative.[13][12]
Installation eines anderen Vertretungsorgans (AVO)
Vor der anstehenden Wahl zum Wahlvorstand ließ das Management eine Arbeitsgruppe von Mitarbeitern eine AVO als Alternative zum Betriebsrat vorstellen. Die Präsentation fand während der Arbeitszeit statt und die Belegschaft wurde dafür freigestellt. Gleichwohl behauptete das Management, die Präsentation und die AVO seien von diesen Mitarbeitern "ohne Ausnahme von der Arbeitsgruppe aus eigenem Antrieb und ohne Auftrag oder Zutun der Geschäftsführung erarbeitet" worden. Nach der torpedierten Betriebsratsgründung erarbeitete ein Gremium aus fünf Mitarbeitern mit dem Management einen Vertrag für das alternative Mitbestimmungsmodell. In einer vom Unternehmen durchgeführten Wahl entschieden sich 86% der Mitarbeiter diesen Vertrag anzunehmen. Das Unternehmen sprach in einer Pressemitteilung von weitgehenden Initiativ- und Mitbestimmungsrechten des Konstruktes. Es wurde nicht bekannt, was genau dahinter steht. Eine klarere Sprache sprach die Bekanntgabe des Stellenabbaus bei Goodgame Studios nur sieben Monate nach der vereitelten Betriebsratsgründung.[14][6][15][13][3]
Störung der Wahl zum Wahlvorstand
Bei der Wahl zum Wahlvorstand herrschte entsprechend der vorigen Stimmungsmache durch das Management eine emotionsgeladene Atmosphäre. Die Veranstaltung zog sich über mehrere Stunden. Im Vorfeld hatte das Gründungsteam der AVO in seiner Präsentation alle Mitarbeiter dazu aufgerufen bei der Wahl zum Wahlvorstand leere Stimmzettel abzugeben, um einen Betriebsrat zu verhindern. Durch dieses Manöver kam in dieser Veranstaltung die erforderliche Mehrheit der anwesenden Stimmen für einen Wahlvorstand nicht zustande. Es fanden sich im Nachgang keine Mitarbeiter, die bereit waren den Wahlvorstand durch das Arbeitsgericht einzusetzen.[13]
Union Buster
Bei der Verhinderung der Betriebsratswahl im Jahr 2016 ließ sich das Unternehmen Kanzlei Schmidt, von der Osten, Huber (SOH) aus Essen vertreten. Die Kanzlei ist bekannt als Stammkanzlei der Kötter-Security Gruppe und von Aldi Nord und Aldi Süd.[16][17]
Belege / Quellen
- ↑ Gameswirtschaft: Die größten Games-Studios in Deutschland 2023 (Update), 2023-04-26, https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/groesste-games-studios-deutschland-2023-04/
- ↑ 2,0 2,1 Alexander Demling: Goodgame Studios schmeißt Schwerbehinderten raus, Spiegel Online. 19. Dezember 2015,https://www.spiegel.de/panorama/goodgame-studios-empire-hersteller-soll-mitarbeiter-wg-betriebsrat-entlassen-haben-a-00000000-0003-0001-0000-000000195217 abgerufen am 24.05.2024
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Kai von Appen: Kahlschlag im Zocker-Himmel, taz, 22.August 2016, https://taz.de/Entlassungen-bei-Computerspiel-Hersteller/!5326613/ abgerufen am 27.05.2016
- ↑ Alexander Hüsing: Goodgame Studios-Exit: Was ihr dazu wissen solltet, 2017-12-07, https://www.deutsche-startups.de/2017/12/07/goodgame-studios-exit-ihr-dazu-wissen-solltet/ abgerufen am 29.05.2024
- ↑ Alexander Demling, Am nächsten Level gescheitert, Handelsblatt, 26.01.2017, https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/spiele-entwickler-goodgame-studios-am-naechsten-level-gescheitert/19301468.html , abgerufen am 29.05.2024
- ↑ 6,0 6,1 6,2 Alexander Demling: Die Feel-Bad-Manager, Spiegel Online. 19. Januar 2016,https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/goodgame-betriebsrat-wird-vom-management-bekaempft-a-1072512.html abgerufen am 24.05.2024
- ↑ Gameswirtschaft: Betriebsrat in der Games-Branche: Überfällig oder überflüssig? (Update), {{{websiteTitle}}}, 2020-08-14, https://www.gameswirtschaft.de/wirtschaft/betriebsrat-games-branche-deutschland/ abgerufen am 24.05.2024
- ↑ Jessica Reisner: Goodgame: Evil Empire der Wawrzineks, arbeitsunrecht in deutschland, 2016-01-22, https://arbeitsunrecht.de/goodgame-evil-empire-der-wawrzineks/
- ↑ Alexander Demling: Am nächsten Level gescheitert, Handelsblatt, www.handelsblatt.com, https://www.handelsblatt.com/unternehmen/it-medien/spiele-entwickler-goodgame-studios-am-naechsten-level-gescheitert/19301468.html , abgerufen 26.05.2024
- ↑ Online-Spiele-Entwickler Goodgame entlässt 28 Mitarbeiter wegen Plänen zur Betriebsrats-Gründung - WELT, DIE WELT, https://www.welt.de/regionales/hamburg/article149748132/Schwere-Vorwuerfe-gegen-Spiele-Entwickler-Goodgame.html abgerufen am 25.05.2024
- ↑ Eklat bei Hamburger Onlinespielehersteller, hamburg.verdi.de, https://hamburg.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++20350ef6-9cf4-11e5-8d84-525400438ccf , abgerufen am 25.05.2024.
- ↑ 12,0 12,1 Alexander Demling: Wie Goodgame einen Betriebsrat sabotiert, Spiegel Online. 22. Dezember 2015,https://www.spiegel.de/panorama/goodgame-kampf-um-betriebsrat-empire-hersteller-hamburg-a-00000000-0003-0001-0000-000000212332 abgerufen am 24.05.2024
- ↑ 13,0 13,1 13,2 Goodgame Studios vs. Verdi: Mitarbeiter wollen keinen Betriebsrat - WELT, DIE WELT, https://www.welt.de/regionales/hamburg/article151223539/Die-Anti-Verdi-Propaganda-war-erfolgreich.html , abgerufen am 26.05.2024
- ↑ Belegschaft von Goodgame Studios stimmt mit großer Mehrheit für eigene Mitarbeitervertretung, Goodgame Studios, 2016-05-26, https://www.goodgamestudios.com/de/unternehmen/presse/mitteilungen/belegschaft-von-goodgame-studios-stimmt-mit-groser-mehrheit-fur-eigene-mitarbeitervertretung/ abgerufen am 27.05.2024
- ↑ Stellungnahme zu Kündigungen und Betriebsrat | Goodgame Blog, Goodgame Studios, 2015-12-18, https://www.goodgamestudios.com/de/blog/stellungnahme-zu-kundigungen/2015/12/18/#more-57879 abgerufen am 27.05.2024
- ↑ Silke Brünger: Namenspartner von Schmidt von der Osten & Huber geht zu Aldi Nord, juve.de, 2013-07-11, https://www.juve.de/markt-und-management/seitenwechsel-namenspartner-von-schmidt-von-der-osten-huber-geht-zu-aldi-nord/
- ↑ LTO: GSK Stockmann / Schmidt von der Osten & Huber: EnBW verkauft OSD Schäfer an Kötter-Gruppe, Legal Tribune Online, https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/gsk-stockmann-kollegen-gsk-stockmann-kollegen-beraet-die-enbw-ag-bei-der-veraeusserung-der-gesellschaftsanteile-an-der-osd-schaefer-an-die-koett/ , abgerufen 2024-05-24.