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Verpflichtende Belegschaftsversammlung
Die verpflichtend angeordnete Belegschaftsversammlung (engl: Captive Audience Meeting) ist laut der Sozialforscherin Kate Bronfenbrenner (Cornell University) in den USA die am häufigsten angewandte Methoden des Union Busting. Ziel der Versammlungen, die meist während der Arbeitszeit stattfinden (in manchen Fällen auch danach), ist es, Belegschaften gezielt zu beeinflussen, einzuschüchtern und gegen arbeitger-unabhängige Organisierungsversuche und Arbeitskampfmaßnahmen aufzubringen.
Verpflichtende Belegschaftsversammlungen werden auch in Deutschland seit 2001 standardmäßig angewandt und von Union Busting-Dienstleistern insbesondere aggressiven Kanzleien angeraten, die sich wie Schreiner + Partner, Naujoks und andere erkennbar am US-amerikanischen Union Busting orientieren. Ziel ist es Neugründungen von Betriebsräten zu verhindern, existierende Betriebsräte zu destabilisieren oder zu Fall zu bringen, falls das nicht möglich ist, Betriebsratsmehrheiten zu erringen oder auch Streiks zu unterminieren.
In extremer Form können verpflichtend angeordnete Belegschaftsversammlung extrem widerliche Formen annehmen, die eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig sind und an Hexenjagden, Psychosekten, Pegida im Betrieb oder diktatorische Regime erinnern.
Da die verpflichtend angeordneten Belegschaftsversammlung vom Management geplant, durchgeführt und überwacht werden, sind sie von einem demokratischen Standpunkt her wertlos und abzulehnen. Die Teilnahme ist unfreiwillig, die Machtverhältnisse sind vollkommen ungleich verteilt und basieren auf Abhängigkeit. Gleichwohl soll die verpflichtende Belegschaftsversammlung eine Mehrheitsmeinung der Belegschaft simulieren. Tatsächlich beeinflusst sie die Stimmung, das Klima und die Kampfmoral.
Zumeist trägt die Methode zu einer extremen Polarisierung in der Belegschaft bei, die sich in vielen Firmen mittelfristig negativ auf Produktivität, Arbeitsmoral, Krankenstand und Fluktuation auswirkt.
Ablauf + Muster
Die Durchführung der Versammlungen wird dabei vom Management, internen Stabsstellen sowie Beratern zumeist intensiv geplant, mitunter regelrecht orchestriert. Aggressive Protagonisten aus der Belegschaft treten als Stimmungsmacher, Lautsprecher und Zwischenrufer auf. Oft verteilen sie sich strategisch im Raum. Mitunter erhalten sie Mikrofone, die anderen vorenthalten bleiben. Andere feuern an oder agieren als Claquere. Gewerkschafter, aktive Betriebsratsmitglieder und engagierte Beschäftigte sind von vorneherein in der Defensive, mitunter müssen sie sich rechtfertigen, werden niedergebuht, ausgelacht und beschimpft.
Einschüchterung
Häufig notieren Vertreter des Managements, wer sich solidarisch zu den angegriffenen Personen, dem Betriebsrat oder der Gewerkschaft verhält oder äußert. Das geschieht oft demonstrativ, mitunter auch verdeckt.
Sinn & Zweck
Ziel ist es, Stimmung zu machen, die Meinungshoheit zu erringen, negative Emotionen bishin zu offenem Hass zu schüren und dadurch die Gegenseite zu demoralisieren und in die Defensive zu drängen. Ziel ist es auch, einzelne Personen -- häufig den Betriebsratsvorsitzenden oder treibende Kräfte einer Betriebsratsgründung -- zu diskreditieren, zu mobben, zu beschimpfen und zu Fehlern zu verleiten.
Die verpflichtende Belegschaftsversammlung wird häufig auch als Konkurrenzveranstaltung des Managements zur Betriebsversammlung durchgeführt, die der Betriebsrat gemäß §43 Betriebsverfassungsgesetz in der Regel vierteljährlich organisiert.