Im Zusammenhang mit den Streiks lohnt es sich einmal die rechtliche Situation wilder Streiks anzuschauen, die oft fälschlicherweise als illegal wahrgenommen werden.
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Dies hängt jedoch von den konkreten Umständen ab. »Nach europäischem Recht – genauer: nach der Europäischen Sozialcharta (ESC) – sind wilde Streiks legal«, so Rechtsanwalt Benedikt Hopmann im Gespräch mit jW.
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«Denn zu Recht betrachtet das europäische Recht die Koalitionsfreiheit als Ausgangspunkt für Arbeitskämpfe. Und in dieser Logik sind nicht nur Gewerkschaften Koalitionen. Auch Gruppen von Beschäftigten eines Betriebes, die sich – vielleicht sogar spontan – zusammentun, um ihre Interessen zu erstreiken, bilden eine Koalition.« Hopmann rät, bei wilden Streiks einen Verhandlungspartner für die Gegenseite unter den Streikenden zu benennen.
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Zwei der insgesamt drei Forderungen des Gorillas-Streiks lassen sich sicherlich problemlos in einen Tarifvertrag gießen, aber die dritte Forderung, die Rücknahme der Kündigung eines Kollegen, eher nicht. Als tiefere Ursache für den Streik benennen die Gorillas-Beschäftigten das gesamte prekäre, menschenfeindliche System bei Gorillas. Die Kündigung ihres Kollegen Santiago war aber nun einmal der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte müssen nicht alle Forderungen zulässig sein. Allein die Tatsache, dass eine Gruppe von Beschäftigten im Betrieb eine Forderung für streikwürdig hält, legalisiert diese, egal, ob tariffähig oder nicht, wenn gleichzeitig auch tariffähige Forderungen aufgestellt werden.<ref>Lukas Schmolzi, Falsche Glaubenssätze[https://www.jungewelt.de/artikel/404811.wilder-streik-bei-gorillas-falsche-glaubenss%C3%A4tze.html]junge Welt, 22.6. 2021</ref>